Heute möchte ich gerne über einen weiteren Stressverstärker schreiben. Und da ich hier nicht so tun möchte, als hätte ich mir die Bezeichnungen ausgedacht, möchte ich auch gerne den Wissenschaftler nennen, der die Stressverstärker einmal auf den Punkt gebracht hat. Es handelt sich um Dr. Gert Kaluza, der auch verschiedene Bücher zu dem Thema Stressmanagement geschrieben hat. Er hat verschiedene Stressverstärker definiert und einer davon ist "Sei beliebt". Es ist der Antrieb eines Menschen, bei anderen Menschen gut dazustehen und letztendlich auch, keinen Streit zu provozieren. Menschen, die diesen Antrieb in einer starken Ausprägung haben, sind meist sehr Harmoniebedürftig und stellen ihre eigenen Meinungen und Bedürfnisse hinten an. Sie glauben, Sie müssten immer für andere da sein. NEIN zu sagen, finden sie richtig schwer, da sie immer glauben, man sei ihnen dann böse. Die Folge ist, dass man sich meist einfach viel zu viel auf die Schultern packt und keine Zeit mehr für sich selbst findet.
Ich möchte an dieser Stelle erwähnen, dass es ganz natürlich und gut ist, beliebt sein zu wollen. Anders formuliert heißt es ja eigentlich nur, dass man geliebt werden möchte. Und es ist uns Menschen als soziale Wesen ein Grundbedürfnis, geliebt zu werden. Als kleines Baby ist es für uns überlebensnotwendig, dass wir geliebt werden. Ist niemand da, der dies tut, so sterben wir. Aber auch, wenn wir älter werden, bedeutet es Sicherheit, wenn wir Menschen haben, die uns stützen und bei uns sind. Dieses Grundbedürfnis ist also gut und richtig. Es wird aber zu einem Stressfaktor, wenn wir ständig andere wichtige Ziele diesem einen Ziel unterordnen. Wir kommen viel zu häufig in einen Konflikt, wenn es darum geht, wem wir jetzt am ehesten gerecht werden wollen.
In diesem Zusammenhang fällt mir ein Spruch ein, den mal ein Dozent zu uns gesagt hat: "Everybodies Darling is everybodies A..." - Ich möchte es nicht ganz so deutlich schreiben. Aber so hart es klingt, so viel Wahrheit steckt doch auch drin. Wenn ich versuche, es jedem Recht zu machen, werde ich mich selbst darin verlieren. Und genau das ist es zum Schluss, was wirklich Stress verursacht. Denn ich verlasse den Weg, authentisch zu sein. Ich stehe nicht für mich selbst, sondern bin getrieben von dem Gedanken, es könnte mir jemand sauer oder enttäuscht sein. Meine Erfahrung ist aber, dass immer jemand dabei ist, der es dann doch nicht so gut fand.
Wenn Du den Antreiber hast "Sei beliebt", fällt es Dir bestimmt schwer, Dich abzugrenzen. Aber um Deinen Stress langfristig zu vermeiden, ist es wichtig, dass Du Dich genau diesem Thema stellst. Das bedeutet nicht, dass Du zum Egoisten wirst und Dich gar nicht mehr um andere kümmern sollst. Aber es wäre wichtig, eine gute Balance zwischen dem zu finden, was Dir wirklich gut tut und dem, was Du gerne und von Herzen für andere tun möchtest. Es wäre wichtig, Dir mal zu vergegenwärtigen, dass vielleicht gar nichts schlimmes passiert, wenn Du auf eine wertschätzende aber klare Art und Weise für Deine Interessen einstehst. Einfach auch mal zu sagen: "Ich habe so viel um die Ohren und ich brauche einfach auch mal ein bisschen Zeit für mich. Und daher kann ich Dir dabei nicht helfen."
Probiere es doch erst einmal bei kleinen Dingen aus. Es müssen ja nicht gleich die wichtigsten Menschen in Deinem Leben sein, denen Du auch mal eine Grenze aufzeigst. Und ganz sicher wirst Du positive Erfahrungen machen und feststellen, dass die Menschen Dich immer noch mögen - auch wenn Du mal nicht "funktionierst". Und die, die es nicht akzeptieren können, sind vielleicht doch gar nicht so wichtig in Deinem Leben? Und wenn Du dann merkst, dass es tatsächlich funktioniert, lass Deinen Raum größer werden.
Es gibt eine schöne Meditation, die aus dem Buddhismus kommt. Es ist die Herzmeditation oder auch Metta-Meditation genannt, bei der ich zuerst mir selbst und dann anderen Menschen positive Wünsche sende. UND ich beginne bei mir. Denn nur aus einer Fülle heraus, kann ich anderen Menschen helfen. Wenn ich selbst zusammen breche, kann ich nicht mehr helfen. Eigentlich ist es total logisch und doch verlieren wir es immer wieder im Alltag aus den Augen.
Schritt eins ist also, dass Du Dir erst einmal bewusst machst, dass Du diesen Antrieb in Dir hast. Lass ihn da sein, schätze ihn, denn er macht Dich zu dem, der Du bist. Allerdings schaue auch nochmal genauer hin, wo genau Deine Grenzen immer wieder dadurch überschritten werden, weil Du glaubst, es müsse so sein. Schritt zwei wäre, die Grenzen zu setzen und Dich erst einmal auszuprobieren. Beweise Dir selbst, dass Du nichts zu befürchten hast und im dritten Schritt lerne dann zu genießen, welche Freiräume Dir das dann gibt.
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